Tom Curtis erschafft eine reale Fantasiewelt aus den Zeichnungen seiner Kinder. Anlässlich der Herbst Winter 2020 Modenschau für Herren übernimmt er mit seinem Instagram-Profil
@thingsihavedrawn den Account von Gucci und spricht über seine Inspiration.
Wie ist @thingsihavedrawn entstanden? Wenn man Kinder hat, in der Kreativbranche arbeitet und schon sein ganzes Leben lang an kreativen Dingen interessiert war, ist man irgendwann zwangsläufig auf der Suche nach Möglichkeiten, wie man seine Kids mit einbeziehen kann, damit sie Teil des Gestaltungsprozesses werden oder anfangen, selbst kreativ zu sein.
Kleine Kinder lassen ihrer Kreativität zum Glück völlig freien Lauf und machen sich keinerlei Gedanken darüber, was andere von ihren bizarren und gleichzeitig wundervollen Werken halten.
Alles begann mit einem Bild, das mein ältester Sohn Dom – zu dieser Zeit etwa fünf Jahre alt – von einem Tier gemalt hatte, und ich fragte mich, ob er wirklich dachte, dass sich Augen, Nase und Mund allesamt auf einer Seite des Kopfes befanden. Dann wurde mir klar, dass die meisten Kinder Tiere auf diese Art malen, und mir kam plötzlich ein Gedanke: Was, wenn die Kinder Recht haben und wir einfältigen Erwachsenen uns nur einfach nicht genug Mühe geben, die Dinge richtig zu sehen? Daher hielt ich es für eine gute Idee, auszuprobieren, wie Doms Zeichnungen in der Realität aussehen würden, wenn ich mich genau an die Formen halte, die er erschaffen hat.
Angefangen habe ich mit einem Porträt, das er von mir gezeichnet hatte – nicht aus Eitelkeit, sondern weil ich bereits die passenden Fotos dafür hatte. Das bearbeitete Bild habe ich auf Twitter geteilt, mein Bruder hat es geliked – und so habe ich weitergemacht. Ein paar Monate später habe ich die ersten Bilder als
@thingsihavedrawn auf Instagram gepostet und seitdem ist das Ganze immer größer geworden.
Auf welche Weise inspiriert dich deine Familie zu deinen Kunstwerken? Viele Kinder, besonders wenn sie noch klein sind, leben ihre Kreativität ganz von allein aus. Dennoch ist es meiner Meinung nach wichtig, dass die Voraussetzungen für kreatives Gestalten da sind. Und damit meine ich keine Tablets oder Smartphones, sondern Stifte und Papier. Sobald man ihnen dabei zusieht, wie sie loskritzeln, wird man sofort von ihrer grenzenlosen Fantasie angesteckt, wenn man es zulässt. Rational an die Sache heranzugehen und sich zu denken „das ist ein Elefant, der wie von einem Kind gemalt aussieht“, hilft dabei wenig. Vielmehr sollte man das Ganze als eine Etappe ihres kreativen Prozesses betrachten und darauf achten, wie sie dazulernen und mit jeder Zeichnung ihren ganz eigenen Stil weiterentwickeln. Es ist großartig, mit anzusehen, wie sich ihre Wahrnehmung der Welt mit der Zeit verändert. So sehe ich die Bilder meiner Kinder und lass mich von ihnen inspirieren.
Wie sieht der kreative Entstehungsprozess deiner Werke aus? Bei Things I Have Drawn beginnt alles mit den Zeichnungen meiner Kinder. Egal, ob sie etwas aus dem Kopf zeichnen oder eine konkrete Vorlage vor Augen haben: Wichtig ist, dass das Bild ihrer eigenen Fantasie entspringt. Ich versuche, möglichst keine Zeichnungen zu verwenden, die sie aus Büchern abgemalt haben – besonders nicht aus Büchern, mit denen man Zeichnen lernen soll –, weil dadurch ihre eigene Wahrnehmung verzerrt und ihre Vorstellungskraft eingeschränkt wird.
Wenn das Bild fertig ist, suche ich das Motiv in der Realität und mache Fotos davon, meist aus mehreren Blickwinkeln. Anschließend geht es nur noch um die digitale Bearbeitung: Je detaillierter die Zeichnung ist, umso länger dauert der Vorgang.
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